Leben mit einer neurologischen Erkrankung
Die Parkinson-Krankheit, auch Morbus Parkinson oder Parkinsonsche Krankheit genannt, ist heute eine der bekanntesten und häufigsten neurologischen Erkrankungen der Welt. Berühmte Persönlichkeiten, wie Box-Legende Muhammad Ali oder Schauspieler Michael J. Fox, haben dazu beigetragen, dass sich das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese Erkrankung stärker ausgebildet hat. Parkinson wurde erstmals 1817 vom englischen Arzt James Parkinson, damals unter dem Namen „Schüttellähmung“, beschrieben.
Die neurodegenerative Erkrankung tritt meist bei Menschen im höheren Lebensalter auf, wobei Männer tendenziell häufiger betroffen sind als Frauen. Auch bei Menschen unter 40 Jahren kann Parkinson, wie es etwa bei Michael J. Fox der Fall war, auftreten, jedoch ist ein so früher Erkrankungszeitpunkt eher die Ausnahme. In Deutschland leiden in zwischen 250.000 und 280.000 Menschen an dieser unheilbaren Krankheit, wobei aktuelle Schätzungen von noch höheren Zahlen ausgehen. Bis heute sind die Ursachen von Parkinson nicht vollständig geklärt. Forscher vermuten ein Zusammenspiel von Genetik und Umwelteinflüssen. Parkinson ist eine komplexe Erkrankung, die durch den fortschreitenden Abbau von Nervenzellen im Gehirn, in der sogenannten schwarzen Substanz (Substancia nigra), gekennzeichnet ist. Dieser Abbau der Nervenzellen führt zu einem Mangel des Botenstoffs Dopamin. Dieser Dopamin-Mangel ist schließlich für das Auftreten der Symptome der Parkinson-Krankheit verantwortlich.
Bevor die körperlichen Symptome jedoch klar erkennbar auftreten, sind in etwa mehr als die Hälfte der betroffenen Nervenzellen bereits abgestorben. Da Parkinson in den ersten Jahren jedoch, vermeintlich Symptom-frei, voranschreitet, ist eine Diagnose vor dem offensichtlichen Auftreten der Hauptsymptome oftmals nur bedingt möglich.
Diese Hauptsymptome, auch Leitsymptome genannt, sind:
Bradykinese / Akinese
Die Bradykinese ist die fortschreitende Bewegungsverlangsamung bei Parkinson-Betroffenen, die alle Muskeln betrifft. Diese Verlangsamung kann so weit gehen, dass Betroffene sich plötzlich gar nicht mehr bewegen können – dies kann z.B. während dem Gehen auftreten: plötzlich ist es nicht mehr möglich, weiter zu gehen, Betroffene „frieren ein“. Hier spricht man dann von Akinese, auch „Freezing“ (engl. für „einfrieren“) genannt. Da die Bewegungsverlangsamung auch die Gesichtsmuskulatur betrifft, ist bei Betroffenen oftmals ein „maskenhafter“ Gesichtsausdruck zu erkennen. Die Bradykinese ist auch Grund dafür, dass sich das Schriftbild bei Betroffenen verkleinert und undeutlicher wird (Mikrografie), der Gang mit Fortschreiten der Krankheit immer „schlurfender“ wirkt und nur mehr kleine Schritte getan werden.
Damit es überhaupt zur Diagnose Parkinson kommt, muss bei Betroffenen die Bradykinese vorhanden sein. Dieses Hauptmerkmal muss von mindestens einem der anderen Symptome, Tremor, Rigor oder posturale Instabilität, begleitet werden.
Tremor
Tremor ist der medizinische Fachbegriff für nicht kontrollierbares Zittern und tritt meist in den Händen auf, oftmals auch in den Armen oder Beinen. Der Tremor bei Parkinson tritt meist in Ruheposition auf – daher auch der Name Ruhetremor. Meist beginnt der Tremor in einer Hälfte des Körpers und breitet sich über den Verlauf der Krankheit auch auf die andere Hälfte aus. Ein ausgeprägter Tremor kann Betroffene motorisch einschränken, denn mit zitternden Händen sind alltägliche Dinge, wie etwa essen, trinken oder schreiben, nicht einfach zu meistern. Durch das ständige Zittern haben Betroffene auch häufig Angst davor stigmatisiert zu werden: nicht selten werden Rückschlüsse wie „Alkoholiker auf Entzug“ gezogen.
Rigor
Beim Rigor kommt es zur einer Muskelsteifheit, die durch einen erhöhten Muskeltonus (Anspannung der Muskeln) verursacht wird. Diese Steifheit wird oftmals wie Verspannungen wahrgenommen und führt nicht selten zu Schmerzen. Der Rigor ist auch dafür verantwortlich, dass sich Ellenbogengelenke, Rumpf und im späteren Krankheitsverlauf auch die Knie abwinkeln.
Posturale Instabilität
Als posturale Instabilität bezeichnet man die mit zunehmendem Fortschreiten der Erkrankung einhergehende Gang- und Standunsicherheit von Betroffenen. Bewegungen werden zunehmend unsicherer; das liegt daran, dass Ausgleichsbewegungen der Muskulatur als Reaktion auf unerwartete Bewegungen sich zunehmend verzögern. Wird einen Parkinson-Betroffener z.B. nach vorne geschubst, ist es für ihn nicht so einfach möglich den Sturz mit einem Ausfallschritt abzufangen, wie es bei einem gesunden Menschen der Fall wäre. Durch diese Haltungsinstabilität kommt es im späteren Krankheitsverlauf oftmals auch zu Stürzen und dadurch auch zu einem höheren Verletzungsrisiko.
Frühsymptome
Bevor sich die Hauptsymptome bemerkbar machen, können aber bereits andere Symptome auftreten, die man nicht sofort mit Parkinson in Verbindung bringt. Zu diesen Symptomen gehören vor allem nicht-motorische wie depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, verminderte Darmtätigkeit oder verminderter Geruchssinn aber auch z.B. das eingeschränkte oder später fehlende Mitschwingen eines Armes beim Gehen. Oft werden diese Frühsymptome nicht sofort erkannt oder der Parkinson-Krankheit zugeordnet.
Behandlung und Therapie
Um die Symptome der Parkinson-Krankheit zu behandeln und einzudämmen ist es wichtig, dass Betroffene eine individuelle Therapie erhalten, bei der die Medikation auf die entsprechenden Symptome angepasst wird, denn der Verlauf von Parkinson ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Das am häufigsten eingesetzte Medikament bei Parkinson ist Levodopa, kurz L-Dopa. L-Dopa sorgt für den Ersatz von Dopamin und reduziert somit den Schwergrad der Symptome, die durch den Dopaminmangel ausgelöst werden. L-Dopa ist eine Vorstufe von Dopamin, welche dann im Gehirn zu Dopamin umgewandelt wird. Auch Medikamente, die die Wirkung von Dopamin im Gehirn nachahmen, werden eingesetzt. Die richtige Medikation zu finden hängt allerdings von der individuellen Ausprägung der Erkrankung ab und muss gemeinsam mit dem Arzt gefunden werden. Doch nicht nur medikamentöse Therapien können zu einer Verringerung der Symptome führen. So kann z.B. auch eine Umstellung der Ernährung oder genügend Bewegung dabei helfen, die Lebensqualität zu steigern.
Neuer Standard für die Tremor-Messung
Das österreichische Medizintechnik-Unternehmen Tremitas aus Klagenfurt am Wörthersee hat mit ihrem ersten Produkt, dem Tremipen®, eine Innovation im Bereich der Tremor-Messungen entwickelt. Das Stift-förmige, 30 Gramm leichte Gerät ist in der Lage, Zittern in den Händen objektiv zu erfassen. Dafür muss es nur für 30 Sekunden in der Hand gehalten werden.
Geschäftsführer und Medizintechniker Tibor Zajki-Zechmeister hatte die Idee für den Tremipen® bereits während seines Studiums im Jahr 2011. Da es Betroffene von Tremor-Erkrankungen in seiner Familie gibt, hatte sich der damalige Student der Medizinischen Informationstechnik mit dem Thema intensiver auseinandergesetzt und auch bei seinen Familienmitgliedern immer wieder erlebt, dass das Zittern, und vor allem seine Unberechenbarkeit, eine Belastung sein kann. Das Fehlen von Vermessungsinstrumenten, die von Tremor-Betroffenen selbst verwendet werden können und aufzeigen, wie sich das Zittern verhält, hatte ihn dazu veranlasst über mögliche Wege nachzudenken, wie Menschen mit zitternden Händen dieses Zittern objektiv einschätzen können – für Bluthochdruck-Patienten oder Diabetiker ist es schließlich auch möglich, sich selbst zu vermessen und bei Fieber kann jeder Mensch mit einem Fieberthermometer die Temperatur prüfen und den Verlauf beobachten. Der Stift, der das Zittern misst, war dann auch Thema seiner Bachelor-Arbeit.
Nach seinem Abschluss arbeitete Zajki-Zechmeister als Einzelunternehmer weiter an der Entwicklung des handlichen Messgerätes und entwickelte erste Prototypen, bis schließlich im Jahr 2015 die Tremitas GmbH gegründet wurde.
Heute, sieben Jahre nach Zajki-Zechmeisters Studienabschluss und der ersten Idee, ist es nun soweit: Der Tremipen® ist fertiggestellt und steht kurz vor seiner CE-Zertifizierung als Medizinprodukt und der Markteinführung. Geprüfte Medizinprodukte stellen sicher, dass sie auch so funktionieren, wie sie es tun sollen: um ein CE-Zertifikat zu erhalten, muss ein klinischer Mehrwert nachgewiesen werden. Im Jahr 2016 wurde in einer klinischen Studie an der Medizinischen Universität Graz bestätigt, dass es mit dem Tremipen® möglich ist, Tremor objektiv zu quantifizieren.
Bisher waren Messungen des Tremors auf Krankenhäuser oder Arztpraxen, mit großen stationären Geräten, beschränkt. Solche Geräte, wie etwa das EMG-Accelerometer, benötigen zudem geschultes Fachpersonal für die Bedienung, die Messung und die anschließende Auswertung. Auch kann ein solcher Messprozess bis zu eine Stunde Zeit in Anspruch nehmen und der zu Vermessende muss verkabelt werden. Das alles sind Gründe, warum solche Messungen selten durchgeführt werden. Daher bleibt nur die Möglichkeit, Tremor durch einen geschulten Neurologen bewerten zu lassen. Der Arzt sieht sich die Hände seines Patienten an und teilt das Zittern, anhand einer Skala, in Bereiche von kaum sichtbar bis stark ausgeprägt ein. Diese Einschätzung muss der Arzt dann mit den Informationen aus dem Gespräch mit dem Patienten zusammenführen und eine Auswahl der Medikation, die den Tremor mindern soll, treffen.
Mit dem Tremipen® ist eine objektive Tremor-Messung, jederzeit und überall, in nur 30 Sekunden möglich. Dabei ist das Messgerät in der Handhabung so einfach wie ein Fieberthermometer – Stift in die Hand nehmen, einschalten, messen und danach die Werte vom Display ablesen. Durch diese einfachen und schnellen Messungen können nicht nur Tremor-Betroffene ihr Zittern vermessen und beobachten – auch Ärzte sehen, anhand der Ergebnisse, wie sich das Zittern bei ihren Patienten, zuhause im alltäglichen Leben, verhält. Und das ist das, was den Stift so einzigartig macht: Der Sensor im Inneren des Gerätes ermittelt, ganz ohne Verkabelungen und langer Wartezeit, die Stärke (Amplitude) und die Schnelligkeit (Frequenz) des Zitterns. Diese beiden Parameter sind wichtig für eine objektive Tremor-Bewertung, denn durch die Vermessung der Amplitude kann klar aufgezeigt werden, wie sich das Zittern z.B. nach Einnahme eines Medikamentes verhält: zeigt die Medikation Wirkung, so wird der Tremor schwächer, verändert er sich nicht, muss ein neuer Therapieansatz gefunden werden. Durch eine effektive Behandlung und das dadurch schwächer ausgeprägte Zittern sind Betroffene dann auch weniger im Alltag eingeschränkt – man stelle sich alltägliche Dinge wie essen, trinken oder schreiben mit dauerhaft zitternden Händen vor. Gerade weil das kleine Gerät so schnell und einfach messen kann, ist es auch erstmals möglich ein Langzeit-Monitoring bei Tremor-Patienten durchzuführen. Dafür wird der Tremor regelmäßig gemessen; die Ergebnisse können notiert werden und so entsteht nach einer Zeit eine Verlaufskurve des Tremors. Betroffene können sich genau ansehen, wie sich ihr Zittern verhält und wie und wann es sich verändert.
Nicht nur medikamentöse Therapien können damit überwacht werden: ebenso kann aufgezeigt werden, welche anderen Faktoren den Tremor beeinflussen, wie z.B. Ernährung, Sport oder alternative Behandlungsmethoden. Die notierten Ergebnisse können dann mit zum nächsten Arzttermin genommen werden und zeigen dem behandelnden Arzt auf, wie sich das Zittern seit dem letzten Termin verhalten hat. Dadurch entfällt für Patienten die Notwendigkeit, ihren Tremor subjektiv zu beschreiben und selbst einzuschätzen, wie sich das Zittern verhalten hat, denn der einfache Wert in mG gibt die tatsächliche Stärke, mit der sich der Tremor manifestiert hat, an.
Doch nicht nur die Amplitude ist wichtig, auch die Frequenz ist, vor allem für Mediziner, von Bedeutung. Zwar zeigt sie nicht auf, ob und wie ein Medikament oder eine Therapie wirkt, doch die Frequenz kann einen Hinweis auf die zugrundeliegende Erkrankung geben, die den Tremor hervorruft, denn unterschiedliche Tremor-Erkrankungen bilden unterschiedlich starke Frequenzen aus. Unterschiedliche Frequenzen bedeuten unterschiedlich schnelle Ausprägungen des Tremors – so zittert z.B. ein Parkinson-Betroffener im Durchschnitt langsamer als ein Betroffener von Essentiellem Tremor; die Muskulatur zieht sich schneller oder langsamer zusammen. Die Schnelligkeit eines Tremors, gemessen in Hz, konnte bisher nur mit den derzeitigen klinischen Standards (EMG-Accelerometrie) quantifiziert werden. Somit hat Tremitas mit ihrem Tremipen® ein Gerät entwickelt, dass es möglich macht, einen ansonsten einstündigen Messprozess zur Tremor-Quantifizierung in nur 30 Sekunden, auch für Nicht-Mediziner, einfach und verständlich, abzuwickeln.