Immer mehr Menschen leiden unter dem zunehmenden Zeitdruck der Ärzte. In den wenigen Minuten, die ein Kassenarzt seinen Patienten im Durchschnitt widmen kann, besteht kaum die Möglichkeit, umfassend über die Ursachen aufzuklären und mit dem Patienten gemeinsam zu überlegen, wie dieser seine Beschwerden wieder loswerden kann.
Zusätzlich haben immer mehr Menschen Angst vor den Nebenwirkungen von Medikamenten und möchten nicht ihr Leben lang von diesen Medikamenten abhängig sein. Patienten mit chronischen Erkrankungen gelten sogar oft als „austherapiert“ und erhalten von ihrem Arzt nur noch Medikamente zur Symptomlinderung, ohne Aussicht auf Heilung.
Aus diesen Gründen wird immer häufiger nach alternativen und ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten gesucht. Immer mehr Patienten wünschen sich sanfte und nebenwirkungsarme Medikamente und Therapien. Und Behandler mit viel Zeit, die ihnen beratend zur Seite stehen, zuhören und ihnen nicht die Eigenverantwortung für ihre Gesundheit abnehmen. Immer häufiger suchen Patienten einen guten Heilpraktiker.
Doch ist dies für viele Menschen ein Schritt voller Unsicherheit. Was ist überhaupt ein Heilpraktiker? Wie finde ich einen guten Heilpraktiker? Was kostet das und wird die Behandlung von meiner Krankenkasse bezahlt? Dies sind nur einige der Fragen, die in diesem Beitrag beantwortet werden sollen.
Was ist eigentlich ein Heilpraktiker?
Heilpraktiker haben – als einziger Beruf neben Ärzten – die Erlaubnis, selbständig Krankheiten zu diagnostizieren und zu behandeln. Um diese Erlaubnis zu erhalten, muss zunächst eine Prüfung vor einem Amtsarzt des Gesundheitsamtes absolviert werden. Heilpraktiker bewegen sich also nicht im rechtsfreien Raum, sondern unterliegen einem gesetzlich geregelten Zulassungsverfahren. Geregelt wird dies im „Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung“ (Heilpraktikergesetz).
Bei der Prüfung wird besonderen Wert darauf gelegt, dass ein Heilpraktiker über ein fundiertes medizinisches Wissen verfügt, Krankheiten diagnostizieren kann und insbesondere auch Notfälle erkennt und richtig darauf reagiert. Auch seine eigenen Grenzen muss ein Heilpraktiker gut kennen. Er muss wissen, wann ein Patient zum Arzt muss, weil z. B. verschreibungspflichtige Medikamente oder weiterführende diagnostische Maßnahmen notwendig sind, die einem Heilpraktiker nicht zur Verfügung stehen.
Zusätzlich muss ein Heilpraktiker mit Fachausbildungen eine oder mehrere Behandlungsformen wie z. B. die Akupunktur, Homöopathie oder Osteopathie erlernen. Auch die Pflicht, sich in allgemeinen medizinischen Themen und in den ausgeübten Behandlungsformen laufend fortzubilden, ist gesetzlich geregelt. Nicht vorgeschrieben ist dagegen, welche Therapieformen ein Heilpraktiker lernen muss und wie die entsprechenden Ausbildungen aussehen. Erst hierdurch wird die große Therapievielfalt ermöglicht.
Trotz der vielen Freiheiten hat ein Heilpraktiker gegenüber dem Arzt auch einige Einschränkungen in seiner Arbeit. So darf er z. B. keine verschreibungspflichtigen Medikamente verordnen und viele Erkrankungen aus dem Infektionsschutzgesetz grundsätzlich nicht behandeln.
Was unterscheidet die Behandlung beim Heilpraktiker von Behandlungen beim Arzt?
Zuerst einmal nehmen sich Heilpraktiker in der Regel viel Zeit für ihre Patienten (häufig ca. 60-90 Minuten pro Behandlung, was aber je nach Therapieform und Fall variieren kann). Zudem haben Heilpraktiker den Anspruch an sich selbst, ganzheitlich zu behandeln. Das bedeutet, dass sie sich nicht (ausschließlich) auf die Symptome einer Krankheit konzentrieren. Vielmehr suchen sie nach den Ursachen und wollen den Menschen in seiner Gesamtheit aus Körper, Seele und Geist behandeln. Deshalb beleuchtet ein Heilpraktiker in den meisten Fällen unterschiedliche Bereiche des Lebens seiner Patienten: aktuelle oder bereits vergangene Erlebnisse, emotionale Belastungen, privaten und beruflichen Stress, Ernährung, Umweltbelastungen etc.
Ein guter Heilpraktiker wird auch immer das Ziel haben, dem Patienten die Ursachen für seine Beschwerden zu erläutern und bewusst zu machen. Damit bekommt der Patient die Möglichkeit, diese Ursachen abzustellen oder wenigstens zu reduzieren. Dafür ist es notwendig, dass Heilpraktiker sich viel Zeit für Gespräche mit ihren Patienten nehmen, sich für ihr Leben interessieren, sich als Berater auf allen Ebenen verstehen. Natürlich abhängig von der Schwere der Erkrankung, denn zur Behandlung eines einfachen Schnupfens muss auch ein Heilpraktiker nicht gleich das gesamte Leben durchleuchten und auch bei starken Schmerzen hat erst einmal die Linderung der Schmerzsymptomatik Vorrang…
In vielen Fällen sind für die Diagnose und/oder Behandlung auch Untersuchungen erforderlich. Manuelle Untersuchungsmethoden wie Funktionstests des Bewegungsapparats, einfache neurologische Untersuchungen, Abhören (Auskultation) von Herz und Lunge, Blutdruckmessungen, einfache Blutuntersuchungen (z. B. Blutzuckerbestimmung) und vieles andere kann der Heilpraktiker selbst durchführen. Bei Bedarf wird er den Patienten aber zur weiteren Untersuchung und Abklärung an einen Arzt verweisen (z. B. für Röntgenuntersuchungen), oder ein Labor in Anspruch nehmen (z. B. für Blutanalysen).
Mit was für Problemen/Erkrankungen ist man bei einem Heilpraktiker gut aufgehoben?
Grundsätzlich können Sie mit allen Erkrankungen zu einem Heilpraktiker gehen, mit denen Sie sich auch an Ihren Hausarzt wenden würden. Ein guter Heilpraktiker wird darauf bedacht sein, Sie bestmöglich zu beraten und Sie z. B. an einen Arzt oder einen entsprechend spezialisierten Heilpraktiker zu verweisen, wenn dies sinnvoll oder sogar notwendig ist.
Oft finden Patienten aber auch den Weg zu einem Heilpraktiker, wenn sie nach Aussage ihres Arztes „austherapiert“ sind. Wenn also die ärztlichen Behandlungen keine (ausreichende) Wirkung haben oder der Patient bei einer „unheilbaren“ Erkrankung zusätzlich noch alternative Therapieformen nutzen möchte.
So gibt es Heilpraktiker, die sich auf die Behandlung schwerer Erkrankungen wie z. B. Krebs, Diabetes mellitus, Multiple Sklerose (MS), Bandscheibenvorfälle, Lähmungen, oder schwerwiegende Augenerkrankungen spezialisiert haben und ihren Patienten hier sehr individuelle Behandlungskonzepte anbieten.
Auch bei ständig wiederkehrenden Infekten, Verdauungsproblemen, Allergien, Schwächezuständen oder mit emotionalen Problemen wie Ängsten, Depressionen, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Burnout, Konzentrationsschwierigkeiten, Beziehungsproblemen, etc., können Ihnen entsprechend ausgebildete Heilpraktiker oft Hilfe anbieten.
Was ist ein „HP für Psychotherapie“?
Es gibt eine „eingeschränkte“ Heilpraktikerzulassung, die sich auf die Behandlung einiger psychischer Erkrankungen wie z. B. Angststörungen beschränkt. Heilpraktiker mit dieser eingeschränkten Zulassung werden mit „HP (psych)“ oder „Heilpraktiker für Psychotherapie“ bezeichnet.
Die Grenzen für Behandlungen durch diese Heilpraktiker sind auf der einen Seite schwere psychische Erkrankungen wie Psychosen und schwere Depressionen, mit denen der Patient besser bei einem Psychiater aufgehoben ist, auf der anderen Seite alle körperlichen Erkrankungen, für deren Behandlung eine uneingeschränkte Heilpraktikerzulassung notwendig ist.
Ein Physiotherapeut behandelt doch auch bestimmte Krankheiten, mein Hypnosecoach auch meine Zigarettensucht – wo ist der Unterschied zum Heilpraktiker?
Der Unterschied liegt in der selbständigen Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Ein Physiotherapeut z. B. darf Patienten nur auf Anordnung von einem Arzt behandeln. So bekommt der Patient eine Überweisung von einem Arzt, mit der er sich in eine genau definierte pysiotherapeutische Behandlung begeben darf. Der Physiotherapeut darf dann auch nicht eigenmächtig entscheiden, dass er den Patienten statt mit krankengymnastischen Maßnahmen z. B. mit einer osteopathischen Behandlung wie einer Cranio-Sacral-Therapie behandelt.
Seit einigen Jahren gibt es für Physiotherapeuten auch die Möglichkeit, eine auf das Gebiet der Phsyiotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis zu erhalten. Dafür ist eine entsprechende Prüfung vor dem Gesundheitsamt erforderlich. Damit dürfen dann die entsprechenden physiotherapeutischen Behandlungen auch ohne ärztliche Überweisung durchgeführt werden. Der Physiotherapeut darf dann auch selbst entscheiden, welche Behandlung für den Patienten am sinnvollsten ist.
Ein Hypnosecoach darf gar keine Krankheiten behandeln. Da Zigarettenabhängigkeit (noch) nicht als Krankheit gilt, fällt aber eine Raucherentwöhnung nicht unter das Heilpraktikergesetz und darf daher auch von einem Hynosecoach durchgeführt werden. In einer Grauzone liegen dagegen Hypnosebehandlungen gegen Ängste, z. B. Prüfungsangst, Spinnenphobien oder Platzangst. Ängste fallen zwar grundsätzlich unter das Heilpraktikergesetz, wenn die Hypnose jedoch nicht gegen die Angst, sondern für mehr Selbstbewusstsein, allgemeines Wohlbefinden, etc. durchgeführt wird, ist dies erlaubt.
Was kostet das?
Die Kosten für eine Heilpraktikerbehandlung sind je nach Behandlungsart sehr unterschiedlich, zudem gibt es auch große regionale Unterschiede.
Im Gegensatz zu ärztlichen Behandlungen gibt es für Heilpraktikerbehandlungen keine Gebührenordnung, die für die Heilpraktiker verpflichtend ist. Es gibt nur ein unverbindliches „Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker“ (GebüH). Das Gebührenverzeichnis existiert allerdings seit 1985 in dieser Form und wurde nur im Rahmen der Euro-Umstellung etwas gerundet. Entsprechend niedrig sind die Gebührensätze und es ist nicht einfach, einen Heilpraktiker zu finden, der nach diesen Sätzen abrechnet. Vor allem nicht, wenn private Krankenversicherungen nur den Mindestsatz nach GebüH erstatten. Wir wollen hier nicht überhöhten Preisen Tür und Tor öffnen, aber wären Sie dazu bereit, auf alle Gehaltserhöhungen seit 1985 zu verzichten?
Als grober Anhaltspunkt für die Abrechnungspraxis von Heilpraktikern kann die Regel „1 EUR pro Minute“ gelten, d. h. Behandlungen von 60 minütiger Dauer kosten in der Regel etwa 60,- EUR. Besondere Therapieformen können aber auch deutlich darüber liegen, genauso wie Heilpraktiker in ländlicheren Gebieten mit günstigen Praxismieten auch häufig weniger berechnen.
Vergleichen Sie im Zweifelsfall die Behandlungspreise für bestimmte Therapieformen bei unterschiedlichen Heilpraktikern in Ihrer Stadt, um ein Gefühl für die Preise zu bekommen.
Werden die Kosten von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen?
Eine Erstattung durch gesetzliche Krankenkassen ist in der Regel nicht möglich. Auch wenn viele Krankenkassen inzwischen damit werben, dass sie auch Homöopathie und sonstige Naturheilverfahren bezahlen, beschränkt sich dies in der Regel auf die Behandlung beim Arzt und schließt Heilpraktikerbehandlungen aus. Es gibt allerdings inzwischen einige Pilotprojekte, in denen z. B. Rechnungen von Heilpraktikern mit einer osteopathischen Ausbildung unter bestimmten Voraussetzungen erstattet werden können. Dies sollten Sie aber unbedingt vorher mit der Krankenversicherung klären.
Private Voll- oder Zusatzversicherungen übernehmen je nach Tarif die Kosten zumindest zum Teil, sofern Heilpraktikerleistungen mit abgedeckt sind. Bitte erkundigen Sie sich aber im Zweifelsfall direkt bei Ihrer Versicherung, welche Heilpraktikerleistungen in welcher Höhe erstattet werden, damit Ihnen unangenehme Überraschungen erspart bleiben.
Das Vertragsverhältnis geht der Heilpraktiker nur mit Ihnen als Patient ein, nicht mit Ihrer Versicherung. Das bedeutet, dass Sie Beträge, die Ihre Krankenversicherung nicht erstattet, selbst bezahlen müssen. In der Regel bemühen sich Heilpraktiker aber, Ihnen diese Zusammenhänge zu erläutern und die Rechnungen durch Nennung der entsprechenden Gebührenziffern der GebüH so zu stellen, dass Sie von den Versicherungen grundsätzlich anerkannt werden.
Wie finde ich einen guten Heilpraktiker?
Im Therapeutenverzeichnis hier auf Globuliwelt.de finden Sie eine Übersicht über die Heilpraktiker in Ihrer Nähe. Aufgrund der Therapievielfalt sollten Sie aber in einem persönlichen Gespräch herausfinden, ob der von Ihnen ins Auge gefasste Heilpraktiker Erfahrung mit der Behandlung Ihrer Krankheit hat und ob er Ihre Fragen und seine Behandlungskonzepte ausführlich und für Sie verständlich erklärt.
Auch sollten Sie sich erklären lassen, welche Kosten auf Sie zukommen, wie die Erfolgschancen der Behandlung sind und wie viele Sitzungen in welchen Abständen Sie benötigen. Ein seriöser Heilpraktiker wird Ihnen niemals ein Heilungsversprechen machen, allerdings sollte er Ihnen Anhaltspunkte liefern, wie hoch die Chancen für eine Besserung Ihrer Beschwerden sind und wie lange dies dauern kann. Dabei ist eine kurze Behandlungsdauer aber keineswegs ein Indikator für einen guten Heilpraktiker! Bei vielen chronischen Erkrankungen, mit denen Menschen z. T. erst nach jahrelanger, erfolgloser Behandlung beim Arzt den Weg zum Heilpraktiker suchen, ist eine erfolgreiche Behandlung in der Regel nicht in „ein paar Sitzungen“ machbar. Trotzdem sollten Sie in der Regel in einer absehbaren Zeit zumindest ein Gefühl dafür haben, dass die Beschwerden durch die Behandlung weniger werden und die Behandlung Ihnen gut tut.
Autor:
Benedikt van Almsick, Heilpraktiker und Mitglied im Globuliwelt Expertenkreis
Web: http://www.koelner-heilpraxis.de
Facebook: https://www.facebook.com/HP.Benedikt.van.Almsick
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